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Die PineTime - Bereit für den Alltag? (Anfang Juni 2022)

Die Smartwatch des OpenSource-Hardware-Herstellers Pine64, die PineTime, kostet nur 15$, aber ist sie auch im Alltag nutzbar?

Die 2019 angekündigte Smartwatch für 15$ wird seit Juli 2021 unteranderem als zusammengeschweißt verkauft, weshalb sie erst seitdem für Endanwender Sinn macht. Die Hardware hat die Firma Pine64 entwickelt, die unter anderem auch für das PinePhone, das PineTab und das PineBook verantwortlich ist. Die Softwareentwicklung überlasst die Firma wie auch bei den anderen Geräten der Community. Standartmäßig kommt die PineTime mit dem System InfiniTime, welches ich in diesem Artikel in der zurzeit neuesten Version (1.9.0) teste.

Die Navigation

InfiniTime lässt sich relativ einfach navigieren. Schaltet man die Uhr an, wird man mit einem Watchface begrüßt. Hiervon gibt es aktuell 4, aber weitere werden kommen. Wischt man von oben nach unten, kommt man zu den Benachrichtigungen, die die PineTime von einem Smartphone bekommen kann. Dazu zählen normale Benachrichtigungen und Anrufe. Wischt man von unten nach oben, landet man wieder beim Watchface. Wischt man von links nach recht, landet man im Quickmenu, wo man die Helligkeit regeln und Benachrichtigungen (die Vibration derer) ausstellen kann. Außerdem hat man einen Button, über den man in die Taschenlampen-App kommt, welche den Bildschirm der PineTime komplett weiß macht und wodurch man diese als kleine Taschenlampe nutzen kann. Außerdem kommt man über das Zahnrädchen zu den Einstellungen. Wischt man im Watchface von unten nach oben, kommt man zu den Apps. Darunter eine Stoppuhr, 2 verschiedene Wecker, eine App zur Steuerung der Musik am Handy/PC, eine Navigationsapp, ein Schrittzähler, ein Puls-Messer, eine App, die angibt, wie die Smartwatch „liegt“/„steht“ (X, Y, Z) zeigt, ein Metronom, eine kleine Mahl-App und 2 Spiele (Pong & 2048). Öffnet man eine App, kann man sie meistens über die Schließgeste (von oben nach unten wischen) schließen. Funktioniert das nicht, kann man den kleinen Knopf an der Seite der PineTime drücken. Wodurch wir zum nächsten Navigations-Werkzeug kommen, dem Knopf. Ein Knopfdruck schließt eine App, wechselt zum vorherigen „Screen“ (nur bis zum Watchface) oder schaltet die Uhr aus (wenn man im Watchface ist). 2 schnelle Knopfdrücke hintereinander öffnen immer die Benachrichtigungen und ein 2-sekündiges Gedrückt halten bringt einem zum Watchface zurück.

Die Companion-Apps

Damit bestimmte Features von InfiniTime funktionieren, muss die Uhr mit einem Smartphone oder PC über eine Companion-App verbunden sein. Diese sendet Infos wie Benachrichtigungen, Anrufe, Musikinfos, Navigationsdaten, etc. Diese entwickelt InfiniTime nicht selber. Für Android gibt es die App GadgetBridge. Sie unterstützt alles von InfiniTime, außer die Navigationsapp. Für iOS gibt es InfiniLink. Leider unterstützt es weniger Features als GadgetBridge, da iOS „geschlossener“ als Android ist. Will man die Navigationsapp nutzen, muss man ein Linux-Smartphone benutzen, was aktuell aber nur erfahrenen Nutzer*innen und Enthusiast*innen „können“. Über die Companion-Apps laufen auch die Updates und hier kommen wir zu einem nächsten Problem, den Updates. Man bekommt von der Companion-App keine Benachrichtigung. Mann muss also immer wieder hier nachgucken, ob es eine neue Version gibt, davon dann die Datei herunterladen und über die Companion-App auf die PineTime flashen. Dies könnte benutzerfreundlicher sein.

Die Apps

InfiniTime hat mehrere Apps. Es können keine neuen Apps installiert und auch keine entfernt werden. Als erstes gibt es eine Stopuhr. Drückt man auf den Play-Button, läuft sie los. Der Bildschirm bleibt dabei die ganze Zeit an. Drückt man auf das kleine Fähnchen, wird die Zeit, zu der man gedrückt hat unter der Stoppuhr-Zählung angegeben. Man kann so oft drücken, wie man will, wodurch sich die Liste füllt. Scrollen kann man sie allerdings nicht, weshalb man nur die letzten zwei Angaben sehen kann. Schließt man die App, wird sie blöderweise gestoppt und zählt nicht weiter. Dies passiert auch, wenn man eine Benachrichtigung bekommt.

Über die Musik-App kann man die Musik auf dem Handy steuern. Man bekommt angezeigt, was man gerade hört und wie viel davon bereits fertig ist (manchmal zeigt es eine falsche Zahl an). Man kann pausieren, sowie das nächste oder das letzte Lied anmachen. Wischt man von unten nach oben, werden die Nächstes/Letztes Lied-Buttons ersetzt durch Lauter/Leiser-Buttons.

Über die Navigationsapp kann man vom Handy bestimmte Wegbeschreibungen bekommen, also z.B. ,,Gleich rechts“, etc.


Dann gibt es die Schritte-App, bei der man sehen kann, wie viele Schritte man bereits am heutigen Tag gelaufen ist, sowie das Schritte-Ziel, welches man in der Einstellungs-App einstellen kann. Zudem gibt es den Trip-Zähler, den man immer wieder über den Reset-Button auf 0 Schritte zurücksetzen kann.

In der Herzfrequenz-App kann man den eigenen Puls messen. Drückt man auf Start, kann man ihn auch über bestimmte Watchfaces (ohne die App zu öffnen) sehen. Allerdings wird der Puls aktuell nur gemessen, wenn der Bildschirm an ist.

In der einfachen Wecker-App kann man einen Wecker einstellen, der in 1 Sekunde bis 59 Minuten und 59 Sekunden „klingelt“.

In der Mal-App kann man ein bisschen malen. Hält man lange gedrückt, kann man zwischen den Farben Weiß, Rot, Hellblau, Geld, Dunkelblau, Lila und Grün wechseln. Abspeichern kann man das kleine „Kunstwerk“ nicht.

In der Pong-App kann man, wie der Name bereits suggeriert, Pong spielen.

In der 2-App kann man das beliebte Strategie-Spiel 2048 spielen.

In der -App kann man sehen, wie die Smartwatch „liegt“/„steht“ (Achse X, Y, Z)

In der Metronom-App hat man ein vollständiges Metronom, welches den Vibrator der Watch benutzt.

In der erweiterten Wecker-App kann man einen Wecker stellen, der eine bestimmte Uhrzeit hat. Dieser kann einmalig, täglich oder Montag-Freitag „klingeln“. Auf einen bestimmten Tag kann man ihn nicht einstellen. Mehrere Wecker gehen auch aktuell nicht, doch gibt es Planung für dieses Feature.

Eine Wetter-App fehlt leider.

Einstellungsmöglichkeiten

Die Einstellungsmöglichkeiten sind vielfältig.

Unter „Display“ kann man auswählen, wie lange der Bildschirm ohne Benutzung anbleiben soll. Auswählen kann man zwischen 5, 25, 20 & 30 Sekunden.

Unter „Wake Up“ kann man entscheiden, wie die Watch aus dem Stand-Bye-Modus aufwachen soll. Möglichkeiten sind: 1-Mal den Bildschirm berühren, 2-Mal den Bildschirm berühren, den Arm heben und die Hand schütteln. Die Schüttelstärke kann man unter „Sake Calib.“ einstellen.

Unter „Time format“ aknn man das Zeitformat einstellen (12 Stunen oder 24 Stunden)

Unter Watchface kann man zwischen den aktuell 4 Watchfacen (Digital, Analog, PineTimeStyle und Terminal) wechseln.

Unter „Steps“ kann man das Tages-Schritte-Ziel einstellen

Unter „Set date“ & „Set time“ kann man das Datum und die Uhrzeit unabhängig eines verbundenen Gerätes (z.B. Handy) einstellen.

Unter „Battery“ kann man sehen, wie viel der Akku bereits entladen ist.

Unter „Chimes“ kann man eine Vibration aktivieren, die entweder jede Stunde oder alle 30 Minuten „ertönt“.

Unter „Bluetooth“ kann man Bluetooth aktivieren oder deaktivieren. Achtung! Durch die Deaktivierung kann man die Watch nicht mehr mit anderen Geräten verbinden!

Unter „Firmware“ kann man nach einem Update von InfiniTime die neue Firmware validieren. Tut man das nicht, bootet die Watch beim nächsten Reboot in die vorherige Version des Systems.

Unter „About“ kann man viel über das aktuell laufende System selbst erfahren.

Benachrichtigungen

Benachrichtigungen können in Form von Textbenachrichtigungen oder Anrufen von einer Companion-App an die Watch gesendet werden. Das aktuelle Maximumvon Benachrichtigungen, die angezeigt werden, ist 5. Ältere werden, wenn nötig, gelöscht. Textbenachrichtigungen werden alle aktuell ohne Umlaute (ä, ö, ü, ß) dargestellt, dazu später mehr. Ist die Nachricht lang, wird sie nicht komplett angezeigt, sondern nur ein Teil. Löschen kann man Benachrichtigungen aktuell auch nicht, was aber in einer nächsten Version hinzugefügt werden soll. Hier gibt es noch viel zu tun.

Bekommt man auf dem Handy einen Anruf, kann die Companion-App diese Infos an InfiniTime weitersenden. Man sieht dann den/die Anrufer*in, kann den Anruf annehmen, ablehnen oder stumm stellen. Nimmt man den Anruf an, muss man allerdings weiterhin auf das Handy zurückgreifen, da die PineTime weder Lautsprecher, noch Mikrofon hat. Anruf-Benachrichtigungen bleiben leider auch (aktuell noch) im Benachrichtigungen-Verlauf.

Die Sprache

InfiniTime gibt es aktuell nur in Englisch. Auch Benachrichtigungen werden ohne die deutschen Umlaute dargestellt, da diese auf dem System einfach nicht existieren. Hier wird aber dran gearbeitet und in der Zukunft wird ein deutsches InfiniTime möglich sein. Das braucht allerdings Zeit.

Fazit

Ist die PineTime zusammen mit InfiniTime bereit für den deutschen Alltag? Das ist schwer zu sagen, da es davon abhängt, was man braucht. InfiniTime hat aktuell noch viele fehlende Features, die andere Smartwatches bereits haben. Wer kein Englisch kann, für den/die ist die PineTime aktuell nichts, wer komplette Benachrichtigungen auf der Watch braucht, wird mit der PineTime aktuell nicht glücklich werden, wer mehrere Wecker braucht, sollte sich auch nach etwas anderem umsehen und wer sich eine Smartwatch zulegen möchte, weil er/sie den Puls die ganze Zeit ohne Aufwand messen will, sollte sich etwas anderes kaufen. Wem/Wer diese Mankos aber egal sind, der/die kann mit der PineTime als kleines Gadget für den Arm eine Menge Spaß haben. Wer eine Smartwatch mit FOSS-Software haben will, sollte auf jeden Fall sich mal mit der PineTime beschäftigen. Am Ende liegt es daran, welche Prioritäten man sich beim Kauf einer Smartwatch setzt.

-Phil

 

Die PineTime: https://www.pine64.org/pinetime

Webseite von InfiniTime (nicht mehr aktuell): https://infinitime.io 

Repository von InfiniTime: https://github.com/InfiniTimeOrg/InfiniTime

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Kommentare: 1
  • #1

    Leo (Montag, 13 Februar 2023 13:37)

    Sehr schöner Artikel!
    Vielen Dank :)